Präbiotische Evolution: Meteoriten-Molekül als astrochemischer Geburtshelfer?
Astrobiologen, die sich für die Entstehung des Lebens aus biochemischen Urbausteinen interessieren, schauen besonders gerne auf Meteoriten: In den auf die Erde abgestürzten Bruchstücken uralter Asteroiden finden sie eine enorme Vielfalt von merkwürdigen chemischen Verbindungen aus der Jugendzeit des Sonnensystems. Im chemischen Sammelsurium dieser Brocken aus dem All suchen Astrochemiker längst nicht etwa nur nach Spuren von Aminosäuren, Zuckern oder Nukleobasen, die heute das chemische Grundgerüst des Lebens auf der Erde sind: Mehr Aufmerksamkeit verdienen Verbindungen, die in der Jugend des Sonnensystems den biochemischen Evolutionsprozess geschützt und gefördert haben. Ein Beispiel präsentieren nun Philippe Schmitt-Kopplin von der TU München und seine Kollegen: Sie fanden in vielen untersuchten Meteoriten eine bisher unbekannte Klasse von thermostabilen metallorganischen Magnesiumkomplexen, die womöglich eine nicht unwesentliche Rolle in der präbiotischen Evolution gespielt haben.
Das Forscherteam untersucht seit Langem Bruchstücke von längst auseinandergebrochenen Asteroiden wie die Fragmente des Murchison-Meteoriten, der 1969 in Australien abstürzte. So genannte kohlige Chondrite wie Murchison gehören zu den meistuntersuchten Brocken aus dem All überhaupt und enthalten eine enorme Vielzahl organischer Moleküle – wenig beachtet wurde daneben bisher aber ihr Gehalt an metallorganischen Komponenten, die nur mit relativ hohem methodischem Aufwand nachgewiesen werden können. Das haben Schmitt-Kopplin und seine Kollegen nun erfolgreich nachgeholt: Demnach enthalten Murchinson und andere Meteoriten solche Verbindungen in nicht geringen Mengen.
Als besonders interessant fallen darunter Dihydroxymagnesiumcarboxylate auf, die bisher noch gar nicht ins Blickfeld der Astrochemiker geraten waren – obwohl diese metallorganischen Moleküle wohl einen enormen Einfluss auf die chemischen Prozesse und damit auf die Vielfalt der Moleküle in Asteroiden und Meteoriten gehabt haben könnten, meinen Schmitt-Kopplin und Co. Denn diese Verbindungen bleiben auch bei hohen Temperaturen sehr stabil und könnten ihrerseits fragilere organische Verbindungen wie Fettsäuren über längere Zeiträume hinweg stabilisiert haben. Zudem können magnesiumhaltige Moleküle als Katalysatoren wirken, die bei Grenzflächenreaktionen mit Kohlenmonoxid und Wasserstoff die Grundlagen für den komplexen organischen Molekülzoo der Meteoriten legen. Womöglich sind diese metalloorganischen Komponenten somit ein wichtiger Trittstein der präbiotischen Evolution des Lebens im All.
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